Liebe

 
Alle Liebe dieser Welt ist auf Eigenliebe
gebaut. Hättest du die gelassen, so hättest
du alle Welt gelassen.

Meister Eckhart

Wie geht Lieben?

Manchmal erscheint es mir als so schwierig, einfach nur mein Herz zu öffnen für……ja, wofür eigentlich? Und: Wie überwinde ich mein Ego, das immer in der Ecke lauert und ganz subtil mein Tun zu leiten scheint? Gibt es dazu eine Gebrauchsanweisung?

In dem Buch: Die vierzig Geheimnisse der Liebe von Elif Shafak lautet eine der ersten Regeln:

„Der Weg zur Wahrheit ist eine Arbeit des Herzens, nicht des Kopfes. Mach dein Herz, nicht deine Gedanken zu deinem wichtigsten Führer. Begegne dem falschen Ich (Ego) mit dem Herzen, stell es mit dem Herzen in Frage und überwinde es mit dem Herzen. Die Erkenntnis deines wahren Selbst wird dich zur Erkenntnis Gottes führen.“

Vor allem Meditierende neigen dazu, ihr Ego als ihren größten Feind zu identifizieren. Ich muss mein Ego überwinden… Ich sollte für andere da sein, für meine Familie, für meinen Job, die Firma, mein soziales Engagement – krassen Egoismus verachte ich, auch bei mir selbst. Wenn ich mich dabei erwische, nur für meine eigene Anerkennung etwas getan zu haben, habe ich fast Schuldgefühle. Darf ich überhaupt noch stolz darauf sein, wenn mir irgendetwas gut gelungen ist? Habe ich damit mal wieder für mein Ego gesorgt?

Paul Kohtes sagt dazu:

„Um in dieser Welt zu überleben, brauche ich ein gesundes und starkes Ego. Es nützt mir nichts, dass es Gurus oder andere gibt, die alles gelassen haben. Es nützt mir nichts, wenn ich den hemmungslosen Egoismus anprangere in der Welt. Erst wenn meine Selbstliebe klar und kraftvoll ist, kann ich aus dem Vollen schöpfen.

Und dann ist Nehmen genauso wie Geben. Das ist ein lebenslanges Ringen um das rechte Maß an Eigenliebe, ohne sich in Selbstzentriertheit zu verlieren. Mal schlägt das Pendel mehr zum Lassen, mal mehr zum Wollen.“

Wie kann das gehen?

Der Rat eines erfahrenen Meditationslehrers dazu:

„Sei achtsam in jedem Augenblick deines Lebens, nimm jeden Augenblick so wahr, wie er gerade ist, lass den Augenblick vergehen und in den nächsten Augenblick hineinwachsen, immer gegenwärtig im Hier und Jetzt.

Tu dies mit dem liebevollen Blick des Herzens, tu die Dinge, die du zu tun hast, mit liebevoller Achtsamkeit und betrachte die Menschen, denen du begegnest, mit Wertschätzung.“

Der Leitfaden dazu ist der Atem, der alles begleitet, in der Balance des Einatmens und es Ausatmens.

Diese Erfahrung zu machen ist sehr individuell, auch wenn wir immer wieder von klugen Menschen hören: Mach es so oder so, ich weiß, wie es geht.

Auch das hat mit dem liebevollen Umgang mit sich selbst zu tun: 

Achtsam in jedem Augenblick respektiere ich die Einzigartigkeit meines Wegs und die eines jeden anderen.

Zu Beginn erscheint dies tatsächlich eine große Herausforderung zu sein, jedem Augenblick achtsam zu begegnen.

Ein möglicher Einstieg in eine solche Haltung könnte sein, sich am Ende eines Tages Fragen zu stellen:

Was hat sich heute besonders gut angefühlt?

An welcher Stelle war Anstrengung notwendig?

Konnte ich neue Erfahrungen machen?

Was hat mich verärgert, gefreut, inspiriert oder gelangweilt?

Wem oder für was bin ich heute dankbar?

 

Elif Shafak: Die 40 Geheimnisse der Liebe

Paul Kohtes: Zen Impuls 6.2015